Historisches Foto

Die ersten Urlauber bringen ihre Autos mit (1920-1960)

Bis in die 1920er Jahre hinein waren Automobile auf Föhr und Amrum eine Randerscheinung, erst zu dieser Zeit wurde vermehrt der Wunsch zur Fahrzeugmitnahme geäußert. Die W.D.R. reagierte frühzeitig und ließ die "Nordfriesland" mit einem Vordeck ausstatten, auf dem zunächst ein Pkw Platz fand, nach einem später vorgenommenen Umbau konnten sogar ganze vier Autos befördert werden. Während andernorts Pkw noch mit Ladebäumen an Bord gehievt wurden, existierte auf der "Nordfriesland" bereits eine Art direkte Auffahrt: Über schmale Holzbohlen wurden die Autos an Bord manövriert.

Bei hohen oder niedrigen Wasserständen waren dabei erhebliche Höhenunterschiede zu überwinden, denn bewegliche Landrampen kannte man seinerzeit noch nicht. Angesichts dessen trauten sich die Fahrzeugbesitzer das Verlademanöver nur in den seltensten Fällen selbst zu. Meist übergaben sie ihre kostbare Karosse einem Besatzungsmitglied und beobachteten dann mit sorgenvoller Miene, wie ihr Pkw an oder von Bord gebracht wurde. Durch das bei extremen Wasserständen große Gefälle soll vereinzelt ein Auspuff oder ein anderes Einzelteil verloren gegangen sein, es fiel jedoch niemals ein Auto ins Wasser. Trotz dieser Zuverlässigkeit blieb die Automitnahme nach Föhr und Amrum auch in den 1930er Jahren eher die Ausnahme. Im gesamten Kalenderjahr 1932 wurden beispielsweise nur 36 Pkw befördert.

Die Passagierzahlen nahmen hingegen wieder deutlich zu. Gefahr drohte der W.D.R. zu dieser Zeit von einer anderen Seite: Die Nationalsozialisten planten, nach dem Vorbild des Hindenburgdamms alle Inseln Nordfrieslands über Dämme mit dem Festland zu verbinden. Die direkte Anbindung sollte in erster Linie militärischen Zwecken dienen, die Förderung des Tourismus oder eine Verbesserung der Versorgung für die Insulaner spielte bei den Planungen nur eine untergeordnete Rolle. Für die W.D.R. hätte eine Verwirklichung des Dammbauprojekts jedoch den Wegfall der Geschäftsgrundlage bedeutet. Zur Umsetzung der Pläne kam es bedingt durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nicht.

Durch den Krieg hatte auch die W.D.R. erhebliche Rückschläge zu verzeichnen, der Fremdenverkehr nach Föhr und Amrum kam in den letzten Kriegsjahren und in der unmittelbaren Nachkriegszeit weitgehend zum Erliegen. Wiederholt waren Fähren der W.D.R. das Ziel von Luftangriffen; beim schwersten Angriff starben am 10. Juli 1944 an Bord der "Kapitäne Christiansen" elf Menschen, 23 weitere wurden teilweise schwer verletzt. Danach wurde bis Kriegsende nur noch unregelmäßig gefahren, zumeist nachts und ohne Beleuchtung. In den ersten Nachkriegsjahren hatte die W.D.R. große Mühe, ihren Betrieb aufrechtzuerhalten. Es fehlte an allem, nur nicht an Fahrgästen. Urlauber waren es freilich nicht, vielmehr suchten hungrige Städter die Bauerninseln Föhr auf, um hier Lebensmittel einzutauschen. Mit der Währungsreform setzte jedoch ein rascher Erholungsprozess ein, Anfang der 1950er Jahre nahm die Zahl der Urlaubsgäste auf den nordfriesischen Inseln bereits wieder deutlich zu.

Als die britischen Behörden 1952 die bis dahin besetzte Insel Helgoland wieder freigaben, richtete die W.D.R. einen saisonalen Seebäderdienst von Dagebüll, Föhr, Amrum und Sylt zur jetzt wieder deutschen Hochseeinsel ein. Im Stammgeschäft, dem Fährverkehr von Dagebüll nach Föhr und Amrum, stiegen  die Beförderungszahlen kontinuierlich. 1954 wurden bereits gut 2.000 Pkw befördert, für damalige Verhältnisse ein Rekordwert. Bereits im November 1952 war die seit langem geforderte steinerne Mole in Dagebüll fertiggestellt geworden, sie ermöglichte den Schiffen der W.D.R. nun einen wesentlich zuverlässigeren Betrieb. In den 50er Jahren begann die Erneuerung der Reedereiflotte. Es war vor allem der 1946 berufene Geschäftsführer der W.D.R., Max-Eckart Wolff, der die Zeichen der Zeit richtig erkannte und die W.D.R. zukunftsorientiert umstrukturierte.

Insbesondere Wolffs Initiative war die Auftragsvergabe für das erste auf dem Ro/Ro-Prinzip basierende Fährschiff im Sommer 1961 zu verdanken. Am 30. Juni 1962 konnte die W.D.R. dieses Schiff als "Pidder Lyng" zwischen Dagebüll, Wyk und Wittdün in Dienst stellen. Die 41,60 m lange Fähre beförderte 200 Passagiere und 36 Pkw. In den folgenden Jahren kamen weitere Fährschiffe in Dienst, gleichzeitig schieden ältere Einheiten schrittweise aus. Die 1927 gebaute "Nordfriesland" verließ die Flotte nach 36 Dienstjahren 1963.